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Teil 14: Von Bestand ist nur der Wandel

Produkt- und Prozessänderungen managen

Ursprünglich veröffentlicht von Peter Hartwig, Webasto SE

 

Die Weihnachtsfeiertage sind vorbei, das Vorjahr abgeschlossen, die Jahreskennzahlen liegen vor. Krisensitzung bei der Pottbäcker GmbH: Der Ausschuss in der Tassenproduktion war im Dezember drastisch gestiegen. Die nachträgliche Datenanalyse zeigte ein erschreckendes Detail: Der Produktionsausschuss blieb auch nach den Feiertagen hoch.

Die Qualitätssicherung begann eine intensive Ursachenanalyse. "Hattet ihr das bemerkt? Was war los bei euch?" fragte Herr Quasi im Januar den zuständigen Meister. "Natürlich merkten wir, dass etwas nicht stimmte", entgegnete Herr Brenner. "Wir führten sofort eine zusätzliche 100%-Prüfung vor der Auslieferung der Tassen ein und sortierten den Ausschuss aus. Wir wollten sicherstellen, dass unsere Kunden nur fehlerfreie Produkte erhalten. Aber bei den extrem gestiegenen Produktionszahlen hatten wir keine Zeit, nach der Ursache zu suchen."

Zur Analyse und Problemlösung stellte Frau Macchiato, die Qualitätsleiterin, eine Task Force zusammen: Herrn Quasi aus der Qualitätssicherung, den Meister Herrn Brenner und den Produktionsleiter Herrn Mahler. Sie untersuchten die aussortierten, fehlerhaften Tassen. Alle Ausschussteile waren beim zweiten Brand der Keramik gesprungen.

Der Grund: eine unzureichende Abkühlung nach dem ersten Brand. Die Einstellparameter des Ofens stimmten nicht mehr, sie waren verändert worden, um kurzfristig erhöhte Bedarfe an Tassensets zu produzieren und zu liefern. Für eine Sonderaktion mit Gewinnspiel musste die tägliche Produktionsstückzahl der Pottbäcker-Tassensets verdreifacht werden. Der Vertrieb hatte zugesagt, das Gewinnspiel war für die Weihnachtsfeiertage terminiert. Die Produktion stand unter extremem Zeitdruck, denn sie lief bereits mit hoher Auslastung. Die Schichtleiterin, Frau Zügig, verkürzte die Brenndauer des Ofens pro Charge. "Früher fuhren wir auch mit dieser Konfiguration, ohne Probleme. Und die Sichtprüfung nach dem ersten Brand zeigte keine Abweichungen", sagte sie. Was sie nicht wusste: Die Entwicklungsabteilung hatte speziell für diese Sonderaktion die Zusammensetzung der Keramik geändert und dies nicht ausreichend kommuniziert. Die verkürzte Brenndauer führte zu beschädigten Rohlingen, die beim zweiten Brand Risse bekamen.

Ohne Änderung keine Verbesserung

Änderungen sind nicht selten. "Gott sei Dank", stellte Frau Macchiato fest, "denn jede Änderung zielt auf eine Verbesserung." Änderungen betreffen Produkte oder Prozesse:

  • Produktänderungen werden zu einem großen Teil aus der systematischen Behandlung von Kundenwünschen generiert, aber auch aus der Auswertung von produktbezogenen Daten und aus der Produktbeobachtung (z. B. Reklamations- oder Ausfallanalyse).
  • Prozessänderungen ergeben sich aus der Weiterentwicklung von Produkten, aber auch aus der systematischen Analyse von Prozessen (z. B. mittels Audits oder Management Reviews).

Änderungen an Produkten oder Prozessen werden nach festgelegten Vorgehensweisen von Verantwortlichen in den jeweiligen Bereichen durchgeführt, geprüft, freigegeben und eingeführt. Vorgängerversionen werden entsprechend ungültig gemacht und archiviert. In der Regel gibt es für geänderte Produkte oder Prozesse eine neue Version, einen neuen Änderungsstand, einen neuen Ausgabestand oder dergleichen. Softwaregestützte Anwendungen unterstützen hierbei beispielsweise mit automatischen E-Mail oder Workflowfunktionen insbesondere bei der Änderungsinformationspflicht an die Beteiligten und bei der gesamten Änderungssteuerung. So sollte niemand mehr sagen können: "Ich habe nicht gewusst, dass das bei uns jetzt anders läuft."

Rückverfolgbarkeit von Änderungen sicherstellen

Änderungen müssen rückverfolgbar sein. Später muss feststellbar sein, wann und welche Änderungen eingeführt wurden, z. B. in Form einer Produktänderungsübersicht oder Historie geänderter Prozesse. Produkthaftung verschärft die Nachweispflicht übersichtlicher Informationen zum Änderungsdienst an Produkten sowie an Prozessen und Dokumenten. "Das würde doch gut klappen", dachte Frau Macchiato, "wenn sich nur alle daran halten würden. .."

"Unser Problemfall war doch nur eine normale interne Änderung des Herstellungsprozesses", grübelte sie weiter. Wo lag also das Problem? Eine weitere Analyse ergab:

Es war nicht nur eine Änderung des Herstellprozesses. Produktänderung und Herstellprozessänderung überlagerten sich. Der Prozess zum Umgang mit Änderungen war unzureichend dokumentiert, kommuniziert und nicht gut abgestimmt.

Anforderungen an den Änderungsprozess

Aber wie sollte es richtig laufen mit Änderungen an Produkten oder Prozessen? Ein robuster Änderungsprozess könnte bei Pottbäcker künftig so aussehen:

  • Verifizieren der Machbarkeit von Änderungen,
  • Überprüfen von Kosten und Nutzen,
  • interne Abstimmung mit betroffenen Bereichen, externe Abstimmung mit den Kunden,
  • Änderungen testen und Tests auswerten, bzw. Änderungen prüfen,
  • Änderung freigeben und genehmigen,
  • Änderung dokumentieren und kommunizieren,
  • Änderungen einführen und die Einführung steuern und koordinieren.

"Mit Änderungen gingen wir bisher nur informell um, der Prozess war nicht geklärt und nicht beschrieben", musste Frau Macchiato sich eingestehen. "Das holen wir jetzt nach!"

Mühlen für den Wind des Wandels

Viele Änderungen kommen von Kunden. Die Pottbäcker-Tasse mit Samtbezug war so eine Kundenidee. Erst hielt das niemand für möglich und fragte kritisch nach: Wer kauft das? Bleibt das sauber? Geht das in der Spülmaschine? Ist das nicht zu teuer? Aber: Die Tasse wurde zum Verkaufsschlager!

Auch der Kontakt zu Lieferanten führt oft zu Änderungen. Pottbäcker richtet Vorgaben an Lieferanten und bittet sie, ihre Prozesse zu verbessern. Oder der Lieferant sagt: "Wir könnten billiger produzieren und liefern, wenn ihr bei Pottbäcker etwas ändern würdet." So können heute Glasuren im preiswerteren Großgebinde bestellt werden, weil Sonderfarben reduziert wurden.
Es gab viele fruchtbare, aber auch harte Dialoge mit Lieferanten. Aus schmerzlicher Erfahrung hat Pottbäcker die Zusammensetzung der Glasuren schriftlich mit dem Lieferanten vereinbart. Ein Hersteller hatte einmal ungenehmigt die Pigmentierung geändert, was die Farbe beeinflusste und die Tassen unverkäuflich machte. Das Ganze endete in einem Rechtsstreit. Aber: "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen", dachte Frau Macchiato. "Unser Malheur mit dem Ausschuss ist auch noch nicht ausgestanden. Hoffentlich haben wir keine defekten Tassen ausgeliefert."

Leider war es so. Eine der fehlerhaften Tassen sprang beim Befüllen mit Glühwein in der Weihnachtszeit. Der Glühwein lief aus und verschmutzte einen Teppich. Die betroffene Familie reklamierte und bekam Schadenersatz. "Ein Glück, dass dies glimpflich ausging. Ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn es zu einer großen Rückrufaktion gekommen wäre", sagte sich Frau Macchiato. "Aber bei solchen Gelegenheiten zeigt sich, wie wichtig ein funktionierendes Managementsystem, einschließlich eines Änderungsmanagements, für unser Unternehmen ist."

Änderungen sind anstrengend und müssen sorgfältig gelenkt werden. Es liegt im Interesse von Pottbäcker, Produkte und Prozesse fortzuentwickeln, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, Risiken zu mindern und das Unternehmen für die Zukunft zu sichern. Oder wie ein chinesisches Sprichwort sagt: Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen Windmühlen.

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