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Teil 10: Auch Ausnahmen brauchen Regeln

Flowcharts: Pro und Contra zur Verwendung bei Prozessbeschreibungen

Ursprünglich veröffentlicht von Andreas Freundlieb, ZF Friedrichshafen AG - Andreas Eichele, KUKA Roboter GmbH

 

„Das ist die fünfte Abteilung, die sich einen Kaffeevollautomaten bestellt, und jede will ein anderes Modell! “ klagte Einkaufsleiter Spesa bei Frau Macchiato. Sie fragte sich: „Hat dieser Prozess Normbezug? Ist er auditrelevant? “ „Nein! “ dachte sie, erinnerte sich aber daran, dass das Prozessmanagementsystem helfen soll, Pottbäcker auf Erfolgskurs zu halten.

„Herr Spesa, lassen Sie uns den Einkaufsprozess für Büromaterial und -ausstattung gemeinsam regeln und die Ergebnisse in unserer Prozesswelt dokumentieren“, antwortete Frau Macchiato erfreut. Dies war der erste Anwendungsfall, bei dem sie die Prozesse verfeinern, bis auf Handschlagsebene klären und als Flowchart modellieren würden.

Alles im Fluss?

Zur Beschreibung des Einkaufsprozesses stellten Herr Spesa und Frau Macchiato ein kleines Team zusammen: Einkauf, Buchhaltung und vor allem die „Besteller“ waren vertreten. Es war kein Problem, diese Gruppe zusammenzustellen, denn mittlerweile war allen Pottbäcker-Mitarbeitern klar: Es ist besser mitzumachen und sich bei der Beschreibung der Prozesse einzubringen, als andere entscheiden zu lassen, was dann umzusetzen ist.

Dennoch gab es Fragen: „Warum treffen wir uns hier? In unserem System ist doch beschrieben, wie der Einkauf abzulaufen hat! Können wir das nicht verwenden? “ fragte Frau Bauer. „Was wir im System haben, sind die Bestellvorgänge für die produktionsrelevanten Materialien. Die Abläufe beim Büromaterial sind anders. Wir haben z.B. keine Erstmuster. Und wir haben andere Verantwortlichkeiten! “ warf Herr Spesa ein.
„Und warum machen wir daraus keine Teilprozesse mit Turtle-Optik, sondern einen Flowchart? “ „Das haben wir auch überlegt,“ sagte Frau Macchiato, „aber wir haben im Beschaffungsbereich viele Entscheidungen. Ein Flowchart ist plastischer, zeigt auf einen Blick, wer in welcher Reihenfolge was zu tun hat und welche Bedingungen bei Entscheidungen zu berücksichtigen sind. “

Das Ergebnis der Bemühungen konnte sich sehen lassen: Der Prozess „Einkauf von Büromaterial und -ausstattung“ war mustergültig geklärt und beschrieben. Nun war es Zeit, die Mitarbeiter zu informieren und zu schulen.

Abbildung - Prozessstruktur
Flowcharts als Elementarprozesse auf der tiefsten Detaillierungsebene

Sieben auf einen Streich

„Bedeutet das, dass wir keinen Kaffeevollautomaten bekommen?“ kamen die Bedenken aus den Abteilungen. „Schaut es Euch erst einmal richtig an!“ sagte Herr Pokupki. „Als ich merkte, dass viele Bestellungen dieser Art kamen, haben wir einen Anbieter gefunden, der uns günstige Maschinen liefert. Dieser Anbieter ist jetzt bei uns offiziell gelistet. Das Modell, das Sie bestellen können, ist klar definiert. Und es ist geregelt, dass für jedes unserer Gebäude ein Gerät für die Cafeteria bestellt werden darf. Übrigens kosten jetzt sieben Geräte weniger als die fünf, die Sie anfänglich bestellt haben.“

Vom Projekt zum Prinzip?

Die Kaffeemaschinen und das gute Funktionieren des Bestellprozesses motivierten auch andere Abteilungen. Herr Bianco, Bereichsleiter der Weißfertigung, war begeistert. „Wir machen auf der untersten Ebene aus allen Prozessen unseres Bereichs Flowcharts! “ Gesagt – getan. Zunächst bot sich der Prozess „Glasieren“ in der Weißproduktion an. Schon bisher war in diesem Prozess textlich beschrieben, dass er aus mehreren Schritten bestand. Diese Schritte wurden nun als Flowchart modelliert.

Bei der weiteren Arbeit merkte Herr Bianco, dass Flowcharts nicht immer die beste Lösung sind. Sei es, dass er über das Ziel hinausschoss („Warum modellieren wir das? Das ist auch ohne Beschreibung allen klar! Dort ist noch nie ein Fehler passiert!“), oder dass er merkte, dass detaillierte Anleitungen (wie Rezepturen und deren Umsetzung) besser in den mitgeltenden Dokumenten aufgehoben waren.

Gewusst wie – gewusst wo?

In einer Auswertung mit dem Qualitätsmanagement wurde schließlich folgendes Fazit gezogen:

  • Flowcharts (Ablaufdiagramme) sind nicht pauschal notwendig, können aber von Nutzen sein.
  • Sie sind übersichtlich und bieten bei einfachen Aufeinanderfolgen von Arbeitsschritten leichter Orientierung als verbale Beschreibungen.
  • Es geht nicht darum, prinzipiell zu entscheiden: Arbeiten wir mit Flowcharts? Ja oder nein? Sondern es geht darum,  Regeln zu setzen.
  • Flowcharts kommen nur auf der untersten Ebene des Prozessmodells zum Einsatz. Dies bedeutet, dass man sich der richtigen Anlage seiner Prozessstruktur sehr sicher sein sollte, bevor man mit der Anlage von Flowcharts beginnt. 

In einer ersten Phase wurden Prozessbeschreibungen und auch Flowcharts, die in anderen Systemen erstellt wurden, als mitgeltende Dokumente an die Prozesse angebunden. Diese „alten“ Dokumente passen aber oft eher zur Normstruktur als zu den Prozessen und müssen ohnehin überarbeitet werden. Wenn allerdings eine Überarbeitung ansteht, dann bietet es sich an, diese als Flowchart im System zu modellieren.

Ein großer Vorteil ist: Was nicht in mitgeltenden Dokumenten beschrieben oder gezeichnet ist, sondern direkt in der Datenbank liegt (auch als Flowchart), ist über die Suche jederzeit leicht zu finden. Und auch leicht zu ändern. Sobald sich beispielsweise eine Abteilungsbezeichnung ändert, ist diese jetzt sofort an allen Stellen, auch in den Prozessschritten der Flowcharts, aktualisiert. Manche Prozesse sind besonders gut zur Darstellung als Flowchart geeignet. Dies betrifft z.B. die Produktion, aber auch Prozesse, die zwar jeder nutzt, aber nicht unbedingt täglich. Dafür war ja die Bestellung von Bürobedarf das beste Beispiel.

Der Vorgang „Kaffeemaschinen bestellen“ war also zu aller Zufriedenheit geregelt. Inzwischen kam Frau Macchiato zu Ohren, dass nun der Prozess „Betriebsausflug planen und durchführen“ optimiert werden sollte. Sie war nicht ganz sicher: Spaß oder Ernst?

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