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Teil 2: Wie entsteht eine Prozesslandkarte?

Prozesse vom Groben ins Feine strukturieren

Ursprünglich veröffentlicht von Heinz-Peter Rosing, ElringKlinger AG

 

Das QM-Kernteam entwarf zunächst die oberste Ebene einer Prozesslandkarte. Dabei ging es darum, ein echtes Prozessmodell zu schaffen, das Tätigkeiten und nicht Abteilungen abbildet. Die klassische Prozessgliederung – Kernprozesse, Unterstützungsprozesse und Führungsprozesse – stand im Vordergrund.

Dies bedeutete, dass Mitarbeiter beim Blick auf die Prozesslandschaft nicht sofort die Tätigkeiten ihrer Abteilung geballt an einem Punkt sehen konnten. Stattdessen sollten sie erkennen, dass sie oft Tätigkeiten ausführen, die zu verschiedenen Prozessen gehören, und dass sie ständig mit Kollegen und deren Prozessen in Kontakt stehen.

Für die Pottbäcker-Prozesslandschaft hielt man sich an die klassische Aufteilung:

  • Kernprozesse
    Diese stehen in direkter Verbindung mit dem Kunden und umfassen alles, womit Pottbäcker sein Geld verdient.
  • Unterstützungsprozesse
    Diese sind notwendig, damit die Kernprozesse reibungslos ablaufen können. Beispiele sind Maschinenwartung, Gehaltsabrechnung und Schulung.
  • Führungsprozesse
    Diese umfassen Strategie, Planung, kontinuierliche Verbesserung, Controlling und Bereitstellung von Ressourcen. „Wir brauchen sie, um auch in zehn Jahren noch erfolgreich zu sein.“

Nur nicht das Rad neu erfinden

Die vorhandene Managementsystem-Dokumentation bildete die Grundlage für das webbasierte Prozessmodell. Aktuell gültige Organisationsanweisungen, Unternehmensrichtlinien sowie Verfahrens- und Arbeitsanweisungen dienten zur Definition der Prozesse.

Ziel war es, die Prosatexte als strukturiertes Prozessmodell zusammenzuführen. Die Prozesse wurden zunächst nur mit einem Titel benannt, um die Tätigkeiten festzuhalten und im Gesamtmodell einzuordnen. Frau Macchiato verzichtete bewusst auf frei formulierte Beschreibungen, da der Arbeitsaufwand hoch gewesen wäre und solche Beschreibungen wenig Akzeptanz bei den Prozessanwendern finden.

Von einem befreundeten QMB eines Automobilzulieferers erhielt Frau Macchiato eine Vorlage zum Entwurf eines Prozessmodells, das im Qualitätsmanagement Center des VDA (VDA QMC) entwickelt wurde. Dieses Modell half ihr, die eigene Strukturierung des Unternehmensmodells zu hinterfragen.

Abbildung - Prozessstruktur
Tätigkeiten vom Groben ins Feine strukturieren

Eitelkeiten sind fehl am Platz

In der Praxis zeigte sich, dass die Modellierung der Unterstützungsprozesse nicht eindeutig war. Zunächst wollte sich keine Abteilung als nur unterstützend eingeordnet sehen. Es dauerte, bis klar wurde, dass es keine Hierarchie in der Bedeutung von Prozessen gibt. Pottbäcker benötigt alle Prozesse, und jeder leistet seinen Beitrag zum reibungslosen Ablauf. Kein Kernprozess kann ohne unterstützende Prozesse ablaufen. Nachdem diese Erkenntnis sich durchgesetzt hatte, konnte man alle Mitarbeiter ins Boot holen.

Die Grundlage für die Kernprozesse war somit geschaffen. Um die Kernprozesse übersichtlich darzustellen, einigte man sich darauf, sie in „Entwicklung“, „Produktion“ und „Marketing“ zu unterteilen. Dies verdeutlicht, dass nicht nur die Produktion, sondern auch die Entwicklung und das Marketing essentiellen Kundenbezug haben.

Jede Menge unklare Fälle

Die Mitarbeiter in den Abteilungen hatten unterschiedliche Arbeitsaufträge. Die Entwicklung hatte detaillierte Ablaufpläne, die leicht zu übertragen waren. Der Verkauf erkannte erst während des Projekts, dass seine Aufgaben eng mit der Zuarbeit anderer Abteilungen verbunden sind. Was anfangs als individueller Ablauf beschrieben wurde, konnte später als Standard definiert werden. Es gibt jedoch noch immer unklare Fälle.

Es existiert keine absolute Regel, was ein Führungs-, Kern- oder Unterstützungsprozess ist. Anfangs hatte Frau Macchiato das Personalthema bei den Führungsprozessen und zugleich bei den Unterstützungsprozessen angesiedelt. Dies empfanden die Mitarbeiter als unübersichtlich, sodass alle Personalthemen in einem Prozess zusammengeführt wurden.

Ein anderes Beispiel ist das Thema „Analyse und Verbesserung“. Es wäre ideal, all diese Tätigkeiten direkt in die Prozesse zu integrieren. Soweit sieht Frau Macchiato ihr Unternehmen aber noch nicht. Wenn in Zukunft alle Mitarbeiter diese Zusammenhänge klarer sehen und ihren Anteil am Managementsystem als Teil ihrer alltäglichen Arbeit erleben, können noch einige Prozesse aus diesem Bereich in die Kernprozesse integriert werden.

Details verstellen den Blick auf´s Wesentliche

Bei der Prozessmodellierung galt das Motto „Vollständig und durchgängig statt detailverliebt! “ Frau Macchiato hielt sich an ein Drei-Ebenen-Modell. In der ersten Runde konstruierte man die Hauptprozesse und jene Prozesse, die in den zwei Ebenen darunter liegen.

Die Prozessmodellierung nach diesem Schema erfolgte in einer einzigen Workshop-Runde und brachte allen Beteiligten ein Erfolgserlebnis. So entstand schnell ein Modell des gesamten Unternehmens, das Pottbäcker zuvor nicht hatte. Jeder kannte zwar seine Arbeitsbereiche, aber ein Überblick und die Möglichkeit, direkt in „Kunden-/Lieferantenprozesse“ zu wechseln, fehlte. Die Detaillierung von Prozessen in eine tiefere Ebene wurde später realisiert – bis hin zu Flowchart-Darstellungen.

Die konsequente Strukturierung des Prozessmodells von oben nach unten (top-down) gibt nun allen Mitarbeitern die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, in welcher Detailtiefe sie Unternehmensabläufe betrachten wollen.

Erst die Kür, dann die Pflicht

Frau Macchiato, das Kernteam und die Prozesseigner modellierten die Pottbäcker-Prozesse entsprechend dem Aufbau der Firma und dem Verständnis der Mitarbeiter. Die Prozesseigner brachten sich aktiv in den Aufbau der Prozessstrukturen ein, indem sie selbstständig die Prozesse in den N5-Solutions anlegten und im Prozessmodell anordneten. Noch nie hatten so viele Leute über ihre Arbeit und mögliche Verbesserungen diskutiert wie in den letzten drei Monaten.

Man modellierte bewusst nicht hierarchisch nach Abteilungen und erst recht nicht nach der Kapitelstruktur der ISO 9001. Erst nachdem das Prozessmodell in den drei Ebenen stand, zog man die ISO-Norm zu Rate. Man stellte fest, dass noch einige Pflichtprozesse fehlten. Die Dokumentenlenkung und das Management von Maßnahmen oder Audits erfolgen mit Hilfe einer Software. Dennoch entschied man sich, auch diese Prozesse mit dem Drei-Ebenen-Prozessmodell zu beschreiben. So entstand ein sauberes Unternehmens-Prozessmodell. Es bietet ein Tätigkeitsbild des Gesamtunternehmens, das vorher so nicht vorhanden war und weder vom Management übergestülpt wurde noch reines Wunschdenken ist.

Das Prozessmodell ist jetzt die Basis, um alle weiteren Fragen zu klären: Wer ist verantwortlich? Was wird benötigt? Und was kommt dabei heraus?

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